Abgang des Schattenmagiers und -königs

Nach dem langen Ab und Auf der letzten Woche konnte ich am Sonntag endlich aufatmen: die Abwahl von Donald Trump als Präsident der USA wurde zur Gewissheit. Auch die letzten Tage haben mir klar vor Augen geführt, wie sehr dieser abgewählte Präsident die Schattenaspekte der männlichen Archetypen verkörpert. Auch das Nichtakzeptieren der Niederlage gehört dazu. Und es öffnet sich ein Tor der Hoffnung. Sie verkörpert vor allem die Vizepräsidentin, die als erste Frau und als erste „Farbige“ (Nicht-Weisse) dieses Amt bekleiden wird. Die Ansprachen von Biden und Harris zeigen, dass hier echte Leader und empathische Menschen sich ihrer Verantwortung bewusst sind.

Aber zurück zum abgewählten und hoffentlich bald auch abtretenden Präsident Trump. Was hat er uns zu sagen? Es ist ja klar, dass Trump nur als gesellschaftliches Phänomen zu verstehen ist. Er ist auf einem ganz bestimmten Nährboden gewachsen. Das gesellschaftliche und politische System der USA haben ihn als Präsident erst möglich gemacht. Und damit ist er ganz eindeutig ein Ausdruck dieses Systems. Und wenn wir davon ausgehen, dass die USA schon seit Jahrzehnten einen sehr grossen Einfluss auf unser aller Leben haben, dann hat Trump auch uns etwas zu sagen. Auch bei uns kann er auf Anhänger zählen, obschon das für mich völlig unvorstellbar ist. Es muss doch klar sein, dass Trump in die unterste Schublade gehört? Ich habe ihm auch schon Blogbeiträge gewidmet. Dabei habe ich beschrieben, wie Trump die Schattenseite der männlichen Archetypen verkörpert: Er ist der Schattenmagier, indem er lügt und betrügt; er ist der Schattenliebhaber, indem er Frauen belästigt und das Trennende sucht, indem er hasst anstatt liebt; er ist der Schattenkönig, indem er sich nicht um die Gemeinschaft kümmert sondern immer nur um sich selbst, indem er autoritär regiert und sich an keine Regeln hält; er ist der Schattenkrieger, indem er nur für seine eigenen Interessen kämpft und seine Aggression nur destruktiv einsetzt und indem er sich als Opfer inszeniert, statt als aufrechter Kämpfer in der Niederlage. Wenn also jemand wissen will, wie die Schattenausprägung eines Magiers und eines Königs aussieht: voilà!

Das scheint mir eine der zentralen Aufgaben zu sein, die Trump hier und in seiner Rolle als Präsident hat bzw. gehabt hat: Er führt uns vor Augen, wohin die meist nicht so offensichtlichen Eigenschaften des rücksichtslosen Egomanen, Lügners, Ausbeuters und Narzissten führen. Denn das ist doch das Wesen unserer westlichen Gesellschaften, oder zumindest eine nicht zu übersehende negative Eigenschaft unserer Gesellschaft. Trump deckt dies mit seinem Verhalten auf – natürlich unbewusst, aber für uns deutlich sichtbar. Er übersteigert unsere täglichen kleinen Lügen (auch uns selbst gegenüber), unseren Egoismus, unsere Rücksichtslosigkeit, unsere Ausbeutung der Natur, unsere Vorurteile, unsere Opferhaltung usw. ins Unermessliche. An Trump können wir somit sehen, wohin wir und unsere Erde gehen, wenn wir uns nicht grundlegend ändern. Versteht ihr diesen Wink mit dem Zaunpfahl? Trump ist eine Karikatur unserer Gesellschaft und unserer eigenen Unwahrheiten und unseres Egos. Und ich denke, dass er uns nicht so schnell in Ruhe lassen wird. Seine Abwahl bedeutet noch nicht seinen Abgang. Wir können also bestimmt noch länger von ihm lernen…

Dann sind da die unglaublich zahlreichen Anhänger, sogar bei uns. Weshalb spricht dieser in meinen Augen völlig unmögliche Mensch so viele Menschen an? Wir mögen lächeln, wenn ein einfacher Amerikaner sagt, dass Trump auf seine Bedürfnisse höre und dass er es „denen da oben zeigt“ (in Washington – man könnte auch sagen in Bern, in Berlin, in Brüssel…). Auch hier wird uns schonungslos ein grosses Defizit unserer Gesellschaften aufgezeigt: Wir hören nicht auf die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen. Wir verbreitern den Graben zwischen den Schichten (so hätte man es früher genannt) immer mehr. Die Intellektuellen, die Erfolgreichen (das sind nicht immer dieselben…) sondern sich immer mehr in ihrer Blase ab. Sie beschäftigen sich mit Fragen, die an den täglichen Sorgen und Nöten der Nicht-Erfolgreichen, der Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben, vorbei gehen. Wir müssen versuchen, diese Menschen mit auf unsere Reise zu nehmen. Der erste Schritt ist es, diese Sorgen und Nöte ernst zu nehmen. Der zweite Schritt besteht darin, zu erklären, weshalb wir etwas so und nicht anders tun. So macht es der echte König: er sorgt für sein ganzes Volk. Und genau das hat Joe Biden in seiner ersten Ansprache nach der Bestätigung seiner Wahl so gesagt. Er will Präsident von allen sein, auch von denen, die ihn nicht gewählt haben. So spricht ein König.

Zurück zur Faszination von Trump für viele Leute. Wir projizieren ständig unsere Bilder auf andere. Trump erleben wir alle nur über die Vermittlung der Medien. Ich kenne ihn nicht persönlich, und normalerweise würde ich mir auf einer solchen Basis kaum ein Urteil über einen andere Menschen erlauben. Aber bei Trump scheint das zu gehen. Und so funktioniert es wohl auch mit den aus meiner Sicht negativen Aspekten, die bei anderen für Bewunderung sorgen: Trump lebt offenbar etwas vor, das andere auch gern täten. Aber nicht können oder nicht dürfen. Mit seiner ungehobelten Art kann sich ein Redneck sehr gut identifizieren. Ja, genauso würde er auch mal gerne auf den Tisch hauen und seinen Vorgesetzten die Meinung sagen. Ihr könnt mich alle mal! Und so gescheit wie Trump bin ich ja allemal! Und vielleicht werde ich auch mal so reich und erfolgreich wie er!

Trump ist auch ein Gegenstück zur Entwicklung, bei der alles politisch hyperkorrekt sein muss. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Man darf dies nicht sagen und jenes nicht mehr. Aber wenn ich in diesen gesellschaftlichen Diskurs nicht involviert bin, kann ich das alles nicht verstehen. Und dann kommt einer, der sich keinen Deut um all diese Konventionen kümmert und einfach (und dumm) drauflosschwatzt. Das ist dann eben mein Held! Sonst kann man das ja höchstens noch am Stammtisch oder in einem Verein Gleichgesinnter ausleben. Und dieser Typ macht das vor, live und vor laufender Kamera. Trump macht es also möglich, dass man die Faust aus dem Sack nimmt und dem Gegner vor die Nase hält. Er nimmt sich, was er will – und ist dadurch ein Vorbild für viele, die das gerne auch so täten.

Ich habe in meinem Berufsleben erfahren, dass man bei Veränderungen dafür sorgen muss, dass möglichst alle mit im Boot sind. Nur wer die Veränderungen mitgestalten oder sie zumindest nachvollziehen kann, trägt sie mit. Wir haben bei den rasenden Veränderungen unserer Gesellschaft offenbar zu viele Menschen abgehängt. Wir müssen dafür sorgen, dass möglichst viele verstehen, warum wir was tun. Das beginnt damit, dass wir zuhören und miteinander reden. In einem nächsten Schritt müssen wir darauf Acht geben, dass möglichst viele an den Segnungen der Entwicklung teilhaben können. Wir müssen soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit bekämpfen. Wir müssen die Ausbeutung der Menschen und der Natur stoppen. Denn reden alleine wird nichts nützen.

Und jetzt danke ich Mr. Trump für diese Lektion. Und hoffe, dass möglichst viele sie verstanden haben. Ich höre immer wieder, dass jetzt die Zeit für Veränderung gekommen sei. Worauf warten wir denn noch? If not now, when?

Schattenkönig und Schattenmagier am Werk

Vorhin habe ich darüber geschrieben, was Greta für eine Funktion hat. Wie sie die Menschen herausfordert und entsprechend gehasst oder glorifiziert wird. Da springt mir wieder der Onkel Donald ins Auge. Er ist ja die Antithese zu Greta. Der alte weisse Mann, der in seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung ein ganzes Land und mit ihm vielleicht die Welt an die Wand fährt. Weiterlesen

sich wichtig nehmen

Ich habe den Eindruck, dass bei politischen oder gesellschaftlichen Diskussion kaum jemand an einem Austausch von Meinungen und Argumenten interessiert ist. Es geht nicht darum, die Argumente des anderen zu hören, sie abzuwägen, zu verstehen und ihnen allenfalls sogar zuzustimmen – es geht in diesen Debatten nur darum, seine eigene Meinung rauszuposaunen. Und jeder/jede nimmt sich ungemein wichtig. Wenn ich jetzt nicht gegen dies oder jenes kämpfe, indem ich meine Meinung klar und deutlich (und sehr einseitig) kund tue, dann geht die Welt unter. Etwa so. Weiterlesen

Immer wieder das Ego

Ich habe dem Ego ja schon einige Beiträge gewidmet. Aber da es sich immer wieder in den Vordergrund drängt, möchte es offenbar nochmals beschrieben werden. Nun denn: Neulich sah ich Bilder vom Treffen von Staatschefs. Da gab es diese Szene, als der US-Präsident Donald Trump seinen Amts-„Kollegen“ aus Montenegro rüde zur Seite schiebt, damit er den ihm gehörenden Platz in der Mitte einnehmen kann. Dann wirft er sich in Pose für ein Gruppenbild. Diese Geste und diese Haltung sind wieder einmal Ego pur. Es ist für mich faszinierend, dies so in aller Klarheit vorgeführt zu kriegen. Und ich bin mir sicher, dass dies genau deswegen so geschieht: Wir sehen hier das unverstellte, das „reine“ (so es denn rein sein kann) Ego. Dieses grosse Ego, das die kranke Seite unseres Seins und unserer Gesellschaft darstellt. Seht her, schreit es von den Bildern, seht her! Hier bin ich! So bin ich! Bin ich nicht grossartig? Aber nein, nicht alle sehen mich in voller Pracht! Na warte, wer sich mir in den Weg stellt, wird beiseite geräumt. Ha! Jetzt habe ich es dir aber gezeigt. Macht ihr jetzt das Foto? Leider müssen diese anderen Looser auch noch drauf. Eigentlich schade um das schöne Bild von mir… Also: das Ego nimmt sich selbst am wichtigsten und drängt sich in den Vordergrund. Weiterlesen

Zeit der Entscheidung

Je stärker das Ego ist, umso stärker ist das Gefühl der Getrenntheit zwischen den Menschen. Die einzigen Handlungen, die keine Gegenreaktion herausfordern, sind solche, die dem Wohl aller dienen. Sie beziehen ein, statt auszugrenzen. Sie verbinden, statt zu trennen. Sie dienen nicht »meinem« Land, sondern der ganzen Menschheit, nicht »meiner« Religion, sondern der Entfaltung des Bewusstseins aller Menschen, nicht »meiner« Spezies, sondern allen fühlenden Wesen und der ganzen Natur. (Eckhart Tolle, Eine neue Erde, S.299)

Meiner Ansicht (und Einsicht) nach verkörpert der aktuelle US-amerikanische Präsident vollkommen dieses trennende Ego. Donald Trump steht für wirtschaftlichen Erfolg und für Macht. Und gleichzeitig pervertiert er den Amerikanischen Traum. In seiner Hässlichkeit (ich meine nicht das Äussere) zeigt er uns auf, wohin dieser am äusseren Erfolg ausgerichtete Weg führt. Der Zweck heiligt angeblich die Mittel (in Trumps Welt) – aber jetzt wird offensichtlich, dass dies eben nicht so ist. Aus dem Trennenden, Unbewussten kommen unweigerlich negative Worte und Handlungen. Weiterlesen

Ego am Werk 2

Ich habe im Oktober einen Beitrag zum damaligen Präsidentschaftskandidaten geschrieben als die Manifestation des Ego. Das Unfassbare ist geschehen, und dieses Ego regiert nun also die USA. Ich habe meine Gedanken von damals aktualisiert. Was hat sich seither verändert?
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Vorsicht: Ego am Werk

Viele Menschen reiben sich die Augen angesichts des Schauspiels (Trauerspiels) um die amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Man fragt sich, weshalb ein solcher Mensch (ich meine Donald Trump) es bis zum offiziellen Kandidaten einer Partei schaffen konnte. Und wenn man nun hört, wie er über Frauen spricht, fühlt man sich im falschen Film. Es sind aber zwei verschiedene Dinge: wie wird ein Mensch so wie Donald Trump? Und wie wird ein solcher Mensch Präsidentschaftskandidat?  Weiterlesen

Demut

Demut – ein ziemlich altmodisches Wort, das nicht so recht in unsere Welt zu passen scheint. Und doch ist die Haltung der Demut gerade auch heute für uns wichtig. Sie bedeutet nämlich, dass wir unser Ego klein machen, unsere Person nicht wichtig nehmen und dadurch Zugang finden zu unserem höheren Selbst. Weiterlesen

Das Ego als Freund

Was steckt denn eigentlich hinter dem Konzept vom Ego? Wir unterscheiden gerne zwischen dem äusseren („kleinen“) Ich und dem inneren Selbst, dem höheren Ich. Das Ego ist mit dem Verstand verknüpft, mit Emotionen und mit den Aktivitäten im Äusseren. Manchmal werden seine Erscheinungen und seine Wirkung als sehr negativ beschrieben (oder ich verstehe es zumindest so). Es scheint, als ob das Ego am Ende sogar die Erde zerstören könnte. Doch auch hier gilt: Nichts kann einfach nur schlecht sein… Weiterlesen