Der Neue Mann vernetzt sich

Nach einer längeren Pause möchte ich mich wieder meinen angestammten Themen widmen. Denn sie sind nach wie vor relevant. Sie sind mir nach wie vor wichtig. Und ich sehe weiterhin „Bedarf“.

Ein kurzer Blick zurück:

Es war an einem Seminar im Jahre 2015. Wie immer war ich einziger Mann unter Frauen, wenn es um Meditation, Achtsamkeit und Bewusstsein ging. Ich erwachte mitten in der Nacht und konnte nicht mehr einschlafen. Da war etwas, das angeschaut werden wollte. Also habe ich mich aufgesetzt, habe meditiert und bin diesem Gefühl nachgegangen. Es dauerte nicht lange, da kam ganz klar das Bild oder die Vision, dass ich „etwas für Männer tun“ müsse. Die Männerwelt hat es dringend nötig, dass sie sich auf den Weg des Bewusstseins macht. Genau, die Männer und die Welt haben es nötig. Und es wurde auch gleich klar, dass ich ein Blog zu Männerthemen machen würde. Keine Woche später ging ich mit dem ersten Beitrag im Blog „Männerherz“ online. 

Im Verlauf der Jahre sind einige Beiträge entstanden, die sich zunächst vor allem um die Themen Achtsamkeit und Bewusstsein drehten und in einem zehnteiligen Beitrag „10 Regeln zum Glück“ zusammengefasst sind.

Ein nächster Schritt erfolgte, als mich Hannes auf die Manngeburt aufmerksam machte und mir so die Türe zu konkreter Männerarbeit und verstärkt zum Thema Mannsein öffnete. Es folgte die Manngeburt und meine Hinwendung zu einem etwas mehr geerdeten Ansatz. Wir schlossen uns als Männerwelten zusammen, gründeten einen Verein und entwickelten Angebote für Männer. Hier geht es in kleinen Schritten vorwärts – aber wir sprechen immer wieder darüber, dass die Männerwelt sich noch zu wenig auf die unserer Ansicht nach wichtigen Themen einlässt. Wir wollen Männer in Bewegung bringen, haben wir uns zum Ziel gesetzt.

Aber wenn wir in die Welt schauen, wenn wir sehen, wie die meisten Männer leben – nämlich im Hamsterrad von Erwartungen und Ängsten, unbewusst und dem Materiellen verhaftet – dann empfinden wir unser Wirken als ein Tropfen auf den heissen Stein. Manchmal sehe ich jüngere Männer, die das Neue bereits wie selbstverständlich leben. Die ihr Herzensprojekt durchziehen, sich ihrem Vatersein intensiv widmen, eine gleichberechtigte Beziehung leben. Ich denke, dass es der jüngeren Generation leichter fällt. Aber noch längst nicht alle sind so weit. Wie viele Männer leben unbewusst und sind verunsichert? Haben nicht gerade auch junge Männer heute Mühe, ihren Platz zu finden? Ihre Rolle im Leben zu finden? Fehlten nicht auch ihnen die Vorbilder, die zeigen können, was es auch noch gibt oder wie ein erfülltes Leben aussieht? 

Auch wenn es also durchaus ermutigende Zeichen gibt, bin ich weiterhin überzeugt, dass gerade wir Männer in unserer Gesellschaft einen grossen Schritt tun müssen. Unserem Planeten Erde geht es nicht gut – und wir sind daran schuld. Unsere männerdominierte Gesellschaft und Wirtschaft haben den Planeten an den Rand des Untergangs gebracht. Wir haben geglaubt, wir sollten uns die Erde Untertan machen und haben sie behandelt, also ob es mehrere davon gäbe. Wir haben den Bezug zur Natur weitgehend verloren. Wir haben den Bezug zu unserem Herz und unserer Seele verloren. Wenn ich manchmal die Menschen so betrachte – herz- und seelenlos – dann denke ich, dass uns die Künstliche Intelligenz schon bald überholen wird. Denn rechnen und kühl analysieren kann die besser als wir. Aber wir sind so viel mehr.

Und viele Männer sind total verunsichert. Sie dürfen nicht (mehr) Macho sein und sollen auch keine Weicheier oder Waschlappen sein. Den alten Frauenheld, den Macker, der alles weiss und alles kann, will niemand mehr haben. Männer sollen Gefühle zeigen, liebevolle Väter sein, verständnisvolle Partner und doch sollen sie selbstbewusst, stark, durchsetzungsfähig, aggressiv und wissend sein. Sie sollen keine Softies, keine Schlappschwänze sein. Lauter Widersprüche! Wie soll man sich da noch auskennen? Es gibt dann Männer, die sich quasi aus dem Rennen nehmen. Die sich entweder in einer Gruppe Gleichgesinnter zurückziehen und nur noch über die Welt und die Weiber wettern. Die #metoo-Debatte hat das noch verstärkt. Jeder Mann ist ein potentieller Vergewaltiger. Und ja, viele Männer haben grundsätzlich ein Gewaltproblem. Wer dann aber seine Aggression unterdrückt, sie ins Unbewusste verdrängt und nur noch gut und lieb sein will, der schneidet sich von seiner Kraftquelle ab. Dieser Mann wird dann eben zum Waschlappen, den dann doch niemand haben will. (Dagegen hilft übrigens das Seminar Wut – eine Herzensangelegenheit).

Und was können wir tun? Was sich als kompletter Widerspruch anhört und anfühlt, ist in Wirklichkeit sehr vielschichtig und durch unsere Gesellschaft extrem verkompliziert worden. Wir müssen wieder zurück zu unseren (gesunden) Wurzeln. Dabei müssen wir viel Mist und Schlacke wegschaffen, müssen den Sumpf trockenlegen, in dem wir feststecken. Wir müssen uns unseren Schattenseiten stellen, den unterdrückten Anteilen, und ihnen furchtlos begegnen. Und was besonders wichtig ist: Wir müssen das für uns und bei uns tun, nicht wegen einer Partnerin oder um anderen zu gefallen. Es ist wie im Märchen: erst wenn wir den Drachen besiegt haben, können wir König werden und kriegen die Prinzessin als Königin zur Frau. Du musst also zuerst König werden in deinem Reich. Das bedeutet viel Arbeit und einige Schlachten, die du zu schlagen hast und gewinnen musst. 

Das ist wichtig für dich und wichtig für unsere Welt. Wir brauchen solche reifen Männer, wahre Erwachsene, die die Verantwortung für ihr Leben in die Hand genommen haben. Mit deiner Entwicklung wird auch die Welt eine bessere. Ein solcher Neuer Mann behandelt seine Mitmenschen mit Respekt. Er bringt Bewusstsein und Liebe in diese Welt und in seine Beziehungen. Das ist extrem wichtig und extrem nötig. Und so fragen wir uns immer wieder, wie wir mehr Männer erreichen können.

Dann besuchte ich ein virtuelles Referat von Mario Meier zum Thema „Der Neue Mann“. Er sprach mir aus dem Herzen und inspirierte mich. Es kam wieder eine Nacht, in der ich aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte. Da war etwas, dem ich mich auf dem Meditationskissen zuwandte. Die Vision war wieder ganz klar: ich will ein Buch schreiben zum Neuen Mann. Und weiter: ich bzw. wir mit Männerwelten müssen uns stärker vernetzen. Und es entstand ein Konzept für ein Buch, ein Sammelband, eine Plattform zum Vernetzen und Ausbauen der Community. Diese Vision teilte ich mit Hannes, der sofort begeistert einstieg.

Mittlerweile ist das Buchprojekt in den Hintergrund getreten, dafür steht die Vernetzung im Vordergrund. Wir haben unsere Idee zuerst einzelnen Männern präsentiert. Es kamen immer mehr hinzu, die Vision veränderte und verfeinerte sich. Wir drehten eine Runde, verloren wieder einige Begleiter. Aber schliesslich kristallisierte sich eine Gruppe von acht Männern heraus, die gemeinsam die Idee vom Männer Netzwerk Schweiz konkretisierte. Und mit diesem Männer Netzwerk Schweiz sind wir nun unterwegs um Männer und Männerangebote zu vernetzen. Mehr dazu gibt es auf unserer Website.

Abschluss der Manngeburt

Das Abenteuer Manngeburt 2018/19 ist mit dem Jahresabschluss zu Ende gegangen. Ein Grund um innezuhalten, zurückzublicken und nach vorne zu schauen. Etwas über ein Jahr nach der Visionssuche in der Toskana trafen wir zwölf Männer uns mit unserem Leiter Stefan Wolff und zwei Assistenten am Wochenende des 3. Advents im Allgäu. Es galt, das Integrationsjahr zu betrachten und das Initiationsritual abzuschliessen. Weiterlesen

Noch ein Abschied

Irgendwie ist es noch immer etwas surreal: keine zwei Monate nach meiner Mutter ist nun auch mein Vater verstorben. Die beiden lebten zwar seit 40 Jahren getrennt, doch im Tod sind sie nun wieder vereint. Ich habe das Sterben meines Vaters ganz anders erlebt als den Sterbeprozess meiner Mutter. Darüber möchte ich heute berichten. Weiterlesen

Männer und Gewalt

Es juckt mich schon länger, etwas zu diesem grossen und gerade wieder sehr heiss diskutierten Thema zu schreiben. Ich weiss, dass man(n) sich daran sehr leicht die Hände verbrennen kann, aber ich versuche es trotzdem. Im Vertrauen, dass Worte, die von (Männer)Herzen kommen, richtig verstanden werden. Und ja, Gewalt ist ein Thema für uns Männer. Gerade neulich haben mein jüngerer Sohn und ich ausgiebig darüber diskutiert.

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Manngeburt – auch für dich?

Nächstens finden Info-Abende für die zweite Durchführung der Manngeburt Schweiz statt, am 19. Juli in Luzern. Ich möchte dich von ganzem Männerherzen ermuntern, diese Gelegenheit wahrzunehmen, dich über die Manngeburt zu informieren. Ich kann nach den ersten vier Seminar-Wochenenden im Namen aller Teilnehmer sagen, dass das jedem (wirklich!) Mann unglaublich gut tun würde.

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Vergänglichkeit

Alle Form ist vergänglich. Das wurde mir dieser Tage wieder deutlich vor Augen geführt, als ich meinen sehr alt gewordenen Vater besuchte. Noch vor fünf Jahren war er topfit  und wirkte wie ein eben erst Pensionierter. Doch nun ist beinahe alle Lebenskraft aus ihm gewichen, und er spricht davon, dass er lieber sterben würde.  Weiterlesen

Regel Nummer 3: Erkenne dich selbst

„Erkenne dich selbst!“ lautete schon das Motto des Orakels von Delphi – es handelt sich also nicht gerade um eine neue Weisheit… Worum geht es dabei? Muss ich mich einer tiefenpsychologischen Analyse unterziehen, um zu begreifen, wer ich als Person bin? Nicht wirklich: es geht darum zu erkennen, wer du wirklich bist – jenseits deiner äusseren Person und deiner Biographie. Weiterlesen

Festtage und Arschengel

Die Festtage bieten wieder jede Menge Gelegenheit, sich mit dem Phänomen der „Arschengel“ zu befassen. Sagt dir das etwas? Als Arschengel bezeichnet Robert Betz die lieben Mitmenschen, die uns dort treffen, wo es weh tut – und uns dadurch die Möglichkeit geben, unsere Schwächen und Verletzungen zu fühlen und bewusst damit umzugehen und sie vielleicht sogar aufzulösen. Deshalb sind diese Menschen auch Engel, die uns einen wunderbaren Dienst erweisen, für den wir dankbar sein dürfen.

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Männer als Opfer? Nein danke!

Dieser Tage habe ich gerade zwei Berichte/Interviews mit Psychologen/Therapeuten gelesen, die sich zum Thema Männer und ihre Rollen geäussert haben. Im einen Beitrag im Tages-Anzeiger (Zürich/Schweiz) meint der Psychoanalytiker Alain Valterio, Väter müssten ihren Platz wieder neu finden und sich von den Kindern distanzieren. Ich verstehe seine Aussagen im Interview so, dass die Väter sich zu sehr an den Wünschen der Mütter orientierten und die Kinder zu sehr ins Zentrum ihres Lebens stellten. Der Vater solle der grossende Schweigende sein, heisst der Titel seines Buches. Ich höre hier das Klagen eines unzufriedenen Mannes, der die Gesellschaft und die Frauen (die Mütter) für die fehlerhafte Entwicklung verantwortlich macht. Weiterlesen