Unser Verstand und unsere Sinne sind darauf ausgelegt, zwischen mir und dem aussen und zwischen mir und den anderen eine Trennung wahrzunehmen. Wir machen das Äussere zum Objekt, das wir sehen, hören, riechen, fühlen und verstehen können. Das ist die Ebene der Form, des Materiellen, zu der auch unser Körper gehört. Doch es gibt noch eine andere Ebene, die sich unserer physischen Wahrnehmung entzieht. Nur auf dieser Ebene lässt sich die Trennung überwinden.
„Nur das Ganze ist wahr, aber das Ganze kann nicht gesagt oder gedacht werden.“ Eckhart Tolle, Eine neue Erde, Kapitel 10.
Es klingt paradox, denn für den Verstand gibt es hier nichts zu verstehen. Wenn wir es in Worte zu fassen versuchen, schaffen die Begriffe wieder eine Trennung und unterscheiden zwischen Raum und Objekt, zwischen Formlosem und Form, zwischen Gott und Welt. Und wir schaffen damit allenfalls eine Annäherung an die Wahrheit.

Unser Bewusstsein gehört zur Ebene des Formlosen, Nichtmateriellen oder Nicht-Manifesten. Es ist das, was unsere Erfahrung und unser Denken möglich macht. Es ist aber nicht selbst fassbar. Es ist kein Objekt, das wir fühlen, sehen oder verstehen können.
Wir können es „wahrnehmen“, wenn wir uns nicht als Person, sondern als „Ich bin“ gewahr sind. Das reine Sein. Dieses höhere Ich ist der Augenblick, in dem alles geschieht. Es ist die Stille, in der der Klang ertönt. Es ist der Raum, ohne den kein Objekt existieren kann. Auf dieser Ebene sind wir mit allem verbunden.
OK, das war jetzt ziemlich abstrakt. Vielleicht hast du es schon mal „gefühlt“. Diese stille, alles umfassende Präsenz. Dann weisst du, wovon ich spreche. Und dann weisst du, wie sich Glücklichsein wirklich anfühlt. Wir kommen dieser Wahrheit näher, wenn wir nach innen gehen. Und dann passiert vielleicht das, was man im Zen „Satori“ nennt: ein kurzer Augenblick der „Erleuchtung“, in dem wir das Ganze wahrnehmen – oder besser: in dem sich das Ganze in uns zeigt. Und wir uns als integrierter Teil davon wahrnehmen. Dann fühlen wir uns mit allem und allen verbunden, eins mit der Natur, eins mit allen Menschen. Dann bringen wir Bewusstsein in die Welt. Und das ist der eigentliche Sinn unseres Lebens. Und ich merke gerade: dieses Gefühl (besser vielleicht: dieses Gewahrsein) würde ich als Liebe bezeichnen.
Aber als Regel taugt das nichts, ich gebe es zu: da gibt es nichts zu lernen, nichts zu tun, nichts zu erstreben. Wir können aber achtsam sein. Das bringt uns dem Ganzen näher. Wir können auch einfach unseren Verstand bei der Arbeit betrachten. Und sehen, wie er Trennung schafft – weil er nicht anders kann. Wie er Leere auffüllt, weil er damit nichts anfangen kann. Wie er dich zum Opfer und die anderen zum Täter macht. Wie er sich von anderen und ihrer Meinung abhängig macht. Wenn du es schaffst, deinen Verstand dabei zu beobachten, hast du einen wichtigen Schritt gemacht. Wenn du nun noch merkst, dass du selbst dieses beobachtende Bewusstsein bist, dass du also nicht mit diesem Verstand identisch bist, dann ist schon der nächste Schritt geschafft. Du merkst, dass da mehr ist als das Denken. „Ich bin mir bewusst, dass ich denke“ – also nicht, „ich denke, also bin ich“. Und dann öffnet sich dieser Raum rund um deinen Verstand. Du bist mehr als der Denker. Unendlich viel mehr.
Manchmal dauert das ziemlich lange, bis du diesen Punkt erreichst. Und manchmal geht es unglaublich schnell. Und wie oben und im letzten Beitrag schon gesagt: sei achtsam. Das Leben will dich zu diesem Punkt führen. Lass es zu, dann wird es geschehen. Von Herzen wünsche ich dir das!
2 Gedanken zu “Regel Nummer 8: Du bist mit allem verbunden”