Geschenke annehmen

Wenn ich auf den heutigen Tag oder das Wochenende schaue, kommt mir ein Thema in den Sinn: Geschenke annehmen. Das klingt zunächst selbstverständlich: wer wäre schon so blöd und würde Geschenke nicht annehmen wollen? Es geht mir aber eher um das, was vorher geschehen sollte: die Geschenke als solche zu erkennen. Und das ist vielleicht etwas schwieriger…

Schliess mal die Augen und überlege dir, welche Geschenke du heute erhalten hast. Ich mache das gerade und finde unzählige. Wie oft nehmen wir Dinge für selbstverständlich oder lehnen unangenehme Situationen einfach ab? Dabei steckt sowohl im Alltäglichen wie im „Negativen“ ein Geschenk, das nur darauf wartet, von dir entdeckt zu werden. Und sobald wir das, was uns widerfährt, als Geschenk erkennen, sind wir eins mit dem Augenblick. Wir nehmen an, was ist und leisten keinen Widerstand gegen das Leben. Auch das, was wir häufig vorschnell als negativ bewerten, beinhaltet etwas Wertvolles, zum Beispiel die Erkenntnis über dich selbst, das wir dankbar als Geschenk annehmen können.

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Ich versuche mal aufzuzählen, welche Geschenke ich heute empfangen habe.

Ich habe friedliche und vertraute Stunden mit einem lieben Menschen verbringen dürfen. Wir haben gemeinsam etwas unternommen, einen Spaziergang in der Herbstsonne gemacht, miteinander gesprochen, gelacht, gegessen. Wir haben über uns und über Dinge gesprochen, die uns bewegt haben. Wir haben Erkenntnisse geteilt und sind zu neuen Erkenntnissen über uns und unsere Mitmenschen gekommen. Wir haben über heute und über die Zukunft gesprochen – kurz, wir waren uns sehr nahe. Und das ohne Bedürftigkeit, ohne Anklammern, ohne Schwere. Diese Liebe ist ein wirklich grosses Geschenk.

Ich habe mit meinem Sohn gekocht, weil er wissen wollte, wie man chinesisch süss-sauer zubereitet. Wir haben das gemeinsame Essen genossen, er hat mir von seiner Musik erzählt. Und er hat sich gefreut, dass ich ihm vorgeschlagen habe, dass wir an seinem freien Tag zusammen einen neuen Schrank kaufen gehen. Dass es ihn freute, dass ich daran gedacht habe, ist wiederum ein Geschenk für mich.

In den Begegnungen mit unseren Mitmenschen sind so viele Geschenke verborgen. Wir müssen sie nur erkennen.

Es geht aber noch grundsätzlicher: Dass ich den Spaziergang machen kann, dass ich körperlich dazu in der Lage bin, dass ich die Natur und zum Beispiel die Schönheit eines Pferdes oder des stillen Sees wahrnehmen kann, dies alles sind wunderbare Geschenke. Dass ich atme, dass mein Herz schlägt, dass ich riechen, schmecken, sehen, fühlen und hören kann, sind doch alles Geschenke! Natürlich sehe ich selbst das auch nicht gerade jeden Tag so. Nicht immer bin ich dankbar für das Selbstverständliche. Aber gerade jetzt bin ich es, und das zählt doch 😉

Ich habe heute von Menschen erfahren, die sich in einer ziemlichen Krise befinden und mit der Unterstützung meiner Partnerin viel über sich selbst erfahren und sich ihren Dämonen stellen. Eine solche Lebenskrise trägt die Chance in sich, dass man grosse Schritte zu seinem wahren Selbst machen kann – und ist ein grosses Geschenk. Gerade in der Krise ist es nicht einfach, das Geschenk zu sehen. Aber wenn es dir gelingt, dann ist die Belohnung umso grösser. Wenn du erkennst, dass es eine Riesenchance ist, dass du gerade keinen Job hast, dass du krank bist oder dass dich deine Partnerin verlassen hat, tun sich neue Welten auf. Du lernst dich wirklich kennen und kommst dir selbst sehr viel näher, als wenn du immer in der Komfortzone bleibst. Eine Freundin hat mir neulich erzählt, dass sie nur dank einer schweren Krise in ihrem Leben an die wirklich grossen Themen herangekommen ist. Sie musste wirklich unten durch – aber wenn du bereit bist, diesen Weg durch die Niederungen zu gehen, dann wirst du umso reicher belohnt. Dann wird die Krise zum Geschenk.

Geschenke sind also im Kleinen und im Grossen, im Alltäglichen und Selbstverständlichen wie auch in Krisen und im Verlust enthalten. Wenn wir sie annehmen, werden wir reich belohnt, und zwar vom Leben selbst.

 

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