Diese Woche war ziemlich hektisch. Ich habe mich aktiv in eine Debatte in meinem beruflichen Umfeld eingebracht und hatte einiges zu tun mit Stellungnahmen, Interviews, Antworten auf Anfragen per Mail, Twitter, persönlich. Ich habe mich dabei ziemlich exponiert. Und mir dabei die Frage gestellt, ob ich so stark im aussen aktiv und gleichzeitig präsent sein kann? Wie viel Ego ist dabei, wenn ich öffentlich Stellung beziehe, andere Positionen kritisiere?
Ich meine, wir können sehr wohl im aussen Stellung beziehen und unsere Meinung äussern. Ich habe konkret auf eine aus meiner Sicht ziemlich dümmliche Polemik gegen Bibliotheken von einer angeblichen Fachperson in meinem Blog geantwortet. Als ich diese Polemik las, war mir sofort klar, dass ich dagegen Stellung nehmen muss. Ja, es war ein Muss. Der Direktor der Bibliothek, an der ich pikanterweise bis vor 4 Jahren selbst gearbeitet habe, kolportierte alte Vorurteile von der Bibliothek als Bücherspeicher in der als seriös geltenden Neuen Zürcher Zeitung (am Sonntag). Ich fühlte mich aufgerufen, hier mit dem Gewicht meiner Position (ich bin Professor für Bibliothekswissenschaft) dagegen anzutreten. Hier ist der erste Punkt: ging es mir darum, mich selbst aufzuplustern und dem anderen zu zeigen, wer mehr Ahnung hat? Ich meine nicht. Mir ging es um die Bibliotheken und um die vielen Mitarbeitenden, die sich sehr für ihre Bibliotheken engagieren und die sich vermutlich nicht so gut wehren können. Ich wusste auch, dass das Thema kontrovers ist und dass ich überzeugend schreiben musste, um den Schaden von den Bibliotheken fern zu halten. Es brauchte also schon etwas Mut, den Beitrag am Montagmorgen zu veröffentlichen. Aber auch hier gab es letztlich keinen Zweifel, dass es richtig ist.
Was dann geschah, konnte ich nicht voraussehen: die Reaktionen waren überwältigend, die Beachtung für meinen Beitrag riesig. Und ich erhielt ausnahmslos positive Rückmeldungen. Ich habe der Bibliothekscommunity offenbar aus dem Herzen gesprochen. Das kitzelte dann das Ego schon etwas: ich schaute fasziniert immer wieder auf die heiss laufende Zugriffsstatstik meines Blogs. 1000 am ersten Tag, dann veröffentlichte ich den Beitrag noch über ein Forum, und am nächsten Tag waren es 3500 Zugriffe – über 10x mehr als der bisher erfolgreichste Tag… Und spannend: auch mein Männerherz-Blog verzeichnete sehr viele Zugriffe, die vom anderen Blog her kamen. Jetzt versuche ich also, diese Fülle, wie es meine Partnerin bezeichnete, zu geniessen. Das Vertrauen darauf, dass ich fühle, wenn ich etwas tun muss und dass ich dann das Richtige tue, ist gefestigt worden. Jetzt geht es darum, dass nicht auch das Ego von diesem Erfolg im aussen profitiert. Demut ist angesagt. Dankbarkeit.
Wieder gibt mir das Leben die Möglichkeit, etwas zu lernen. Dass ich lernen darf, mit der Fülle umzugehen, ohne dass mir der Erfolg zu Kopf steigt, finde ich eine sehr angenehme Lektion. Herzlichen Dank dafür!