Die Anschläge in Paris haben mich erschüttert. Manche Stimmen kritisieren, dass man jetzt im Westen auf den Terror reagiert, aber auf den alltäglichen Schrecken in vielen Ländern nicht. Natürlich ist die Gewalt an vielen Orten noch schlimmer und betrifft täglich Millionen von Menschen mit tausenden von Opfern. Aber Paris ist wirklich nah. Wir waren fast alle schon mal da. Wir kennen den Ort und vielleicht sogar Menschen, die dort leben oder sich gerade dort aufhalten. Und es geschieht während eines Konzerts, eines Fussballspiels – es könnten ja meine Kinder sein, die betroffen sind. Ja, es geht mir näher, wenn ein Unglück in der Nähe, im vertrauten Umfeld geschieht.
Aber das bedeutet nicht, dass ich diesen Terror schlimmer finde als den mittlerweile alltäglichen in weiter entfernten Ländern im Nahen Osten, in Afrika oder in Asien. Terror und Gewalt sind überall schlimm, und überall leiden unschuldige Menschen darunter. Es gibt auch den indirekten Terror durch ungerechte Verteilung des Reichtums. Noch immer sterben mehr Menschen (und Kinder) an Hunger oder verschmutztem Trinkwasser als an direkter Gewalt. Wir müssen uns klar werden, dass diese Gewalt auch uns betrifft, und dass wir mit unserer Wirtschaft und Politik dafür verantwortlich sind. Wir sind mit allen Menschen verbunden. Im Moment ist mein Mitgefühl bei den Menschen in Paris, bei den Opfern und bei ihren Angehörigen. Aber ich schliesse auch alle anderen Menschen in mein Mitgefühl und mein Gebet ein. Sogar die Täter, die ja in diesem Fall ganz offensichtlich gleichzeitig auch Opfer sind. Möge statt Hass Liebe ihre Herzen füllen und ihr Handeln bestimmen. Peace! Love! for everybody and everywhere!
Joann Sfar, Drehbuchautor, Regisseur und Comiczeichner