Zeit heilt keine Wunden

Denkst du manchmal, du brauchst nur ein bisschen Zeit, und dann würde sich dein Problem oder Thema lösen? Was ist eigentlich Zeit? Welche Rolle spielt sie in unserem Leben? Stimmt es, dass sie eine Illusion ist, wie man in spirituellen Kreisen oft hört?

Es sind zwei Ereignisse oder Gedanken, die das Thema Zeit wieder einmal an die Oberfläche gebracht haben. Da wäre jemand in meiner Nähe, die mehr oder weniger nahtlos von der einen Beziehung in die nächste geht. Und da wäre jemand anderes, bei der vergangene Dinge mit der Zeit offenbar eine immer grössere Bedeutung erhalten. Beim ersten „Fall“ erinnert mich das an die Phase meiner Trennung. In einer Krise, die ungefähr zwei Jahre dauerte – mit viel Schmerz, viel Auseinandersetzung mit sich und der Partnerin – konnte ich allmählich meine Sicherheit gewinnen, bis die Trennung ihren Schrecken verlor. Zuvor hatte ich gedacht, ich würde das nicht überleben. Ich brauchte einige Zeit mit  Erlebnissen, die mich meine Selbständigkeit spüren liessen. Es war nicht die Zeit, die heilte. Aber der Prozess des Loslassens und sich Selberfindens benötigte einige Zeit. Und es kam der Moment, da beschlossen wir uns zu trennen. Ich konnte Ja sagen zu etwas, das noch kurz zuvor unvorstellbar war.

Und jetzt kommt der andere Aspekt, der zeigen soll, wie relativ der Faktor Zeit sein kann: Nachdem wir uns getrennt und meine frühere Partnerin ausgezogen war, war mir klar, dass ich „jetzt Zeit brauchte“. Ich musste zuerst mich selber finden, selbständig leben, bevor ich dann wieder „reif“ für eine neue Beziehung sein würde. Dachte ich. Das sagte ich auch einer fremden jungen Frau, mit der ich an jenem Abend nach einem Konzertbesuch ins Gespräch kam. Sie meinte, das sei ein Blödsinn, ich könne ja morgen schon tot sein. Zeit sei eine Illusion. Für mich ist diese unbekannte Céline ein Engel, der mir in jener Sommernacht die Augen öffnete. Mir war klar, dass ich keine physikalische Zeit brauchte. Es ging „nur“ darum, dass ich eine nächste Beziehung wirklich neu beginne, dass ich nicht in alte Muster falle sondern von Anfang an achtsam bin. Das habe ich mir dann vorgenommen und ich meine, auch umgesetzt. Ich konnte das Geschenk einer neuen Partnerschaft annehmen, als es sich mir anbot. Wer bin ich denn, dass ich ein solches Geschenk des Lebens ablehnen könnte?

Also: es ging nicht darum, dass eine bestimmte Zeit verstrich, bis ich wieder eine neue Partnerschaft eingehen konnte. Es ging darum, dass ich die alten Muster erkannte, loslassen konnte und mich achtsam der neuen Partnerin annähern konnte. Für Aussenstehende (vor allem für meine ehemalige Partnerin) ging das furchtbar schnell. Es schien, als ob ich mich einfach umgewandt hätte und das alte Leben nicht würdigen würde. Ich habe es anders erlebt: für mich war der Entschluss zur Trennung wie das Umlegen eines Schalters. Dazu kam noch ein Gefühl der Befreiung von alten Mustern und Verstrickungen. Von diesem Moment an war alles anders. Quasi ein Quantensprung.

So, und nun sehe ich in meinem Umfeld auch Menschen, die in einer ähnlichen Situation Jahre lang hadern. Ja, bei denen sich über die Jahre der Schmerz sogar zu verstärken scheint. Sie „arbeiten“ viel, bohren in der Vergangenheit und fühlen die alten Schmerzen und Verletzungen immer wieder neu. Doch es gibt keine Heilung. Es wird immer schlimmer, zumal auch das Umfeld immer weniger Verständnis für diese Haltung hat.

Bei mir fühlte sich das so an, dass ich in einem ersten entscheidenden Augenblick der alten Partnerschaft erkannt, welche Illusionen wir uns gegenseitig gemacht hatten. Das löste sich praktisch an einem intensiven Abend alles auf. Ich sah die Welt von diesem Moment an anders. Aber in der Beziehung dauerte es die oben genannten zwei Jahre mit vielen Hochs und Tiefs, bis es so weit war. Und in dem Moment, als ich Ja sagte zur Trennung, geschah es noch einmal. Für mich war alles gut. Ich konnte das würdigen, was wir in 30 Jahren erreicht hatten – was mit vier wundervollen Kindern ziemlich einfach ist. Ich musste und wollte nicht im einzelnen aufrechnen, wer wann was getan hatte. Wer dem anderen welchen Schmerz zugefügt hatte, wann einer von uns ungerecht gewesen war.

—– hier hat mir WordPress einen Teil „gestohlen“, also nicht gespeichert… Ich versuche noch zu rekonstruieren:

Dies alles geschah in einem Augenblick. Du kannst dich jetzt in diesem Moment dafür entscheiden, eine andere Haltung einzunehmen. Du kannst dich jetzt dafür entscheiden, dass du das was geschehen ist, liebevoll annehmen kannst. Es gibt nur den einen gegenwärtigen Augenblick, in dem etwas geschieht oder in dem du etwas tun kannst. Und das ist Jetzt. Natürlich brauchen dann die Prozesse eine gewisse Zeit. Aber die Zeit tut nichts von sich aus. Sie heilt nicht und sie fügt auch keine Schmerzen zu.

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