Kraft der Archetypen

Mittlerweile sind fünf Manngeburts-Wochenenden vorüber – Zeit für eine kleine Zwischenbilanz! Wir haben uns nun mit dem Wilden Mann und den vier Archetypen des Mannes befasst. Wobei „befasst“ etwas wenig darüber aussagt, was wir wirklich gemacht haben. Wir haben nicht Theorie gebüffelt, sondern die Kraft der Archetypen erfahren. Das geht ganz schön in die Tiefe.

Wie viele Bücher haben wir schon gelesen über Selbsterkenntnis, Bewusstwerdung, das Mannsein, über Beziehungen und vieles mehr? Das ist wunderbar und hat uns schon einige neue Erkenntnisse gebracht. Nichts gegen Bücher und nichts gegen das geschriebene Wort, zum Beispiel hier im Blog. Denkanstösse sind wichtig. Sie können uns Impulse geben, um etwas zu verstehen. Manchmal berühren Texte sogar unser Herz. Dann öffnen sich Türen, und es kann sich etwas in dir bewegen. Aber viel intensiver und viel tiefer geht das, wenn wir diese Dinge über unseren Körper und unsere Emotionen erleben und erfahren.

In der Manngeburt erklärt uns Stefan Wolff jeweils am Freitagabend kurz, was es mit dem aktuellen Archetypen auf sich hat. Wir wurden aber schon subtil durch Aufgaben vorbereitet, die wir im Vorfeld erfüllen mussten. Ich verrate hier wieder keine Details, denn das muss man selber und unvoreingenommen erleben. Aber indem wir Dinge besorgen müssen und uns einige Tage im Voraus mit dem bevorstehenden Thema auseinandersetzen, beginnt die Kraft des Archetypen schon zu wirken. Meine Partnerin sagt jeweils, dass ich schon in einer anderen Energie sei.

Ich will hier nicht die verschiedenen Archetypen erläutern und sie von C.G. Jung herleiten. Das haben andere, Berufenere, schon längst gemacht. Auf die allererste Manngeburt mit dem Thema des Wilden Mannes (, der alle vier Archetypen in sich vereint), bereiteten wir uns mit dem Buch Der Eisenhans von Robert Bly vor (siehe auch den Bericht vom ersten Wochenende).

Stefan Wolff verbindet die vier Archetypen (Liebhaber, Magier, König, Krieger) mit den vier Himmelsrichtungen des indianischen Medizinrads. Dabei ist der Süden dem Kind und dem Liebhaber, der Westen der Jugend und dem Magier, der Norden dem Vater und dem König, der Osten dem Erwachsenen und dem Krieger zugeordnet.

Wir haben also am zweiten Wochenende mit dem Liebhaber und der Kindheit begonnen. Der Liebhaber steht für die unverfälschten Emotionen, für die Leidenschaft und für die Freude. Er verbindet und vernetzt. Hier fühlten wird die Wunden der Kindheit, das verletzte innere Kind – und wie stark es noch heute in uns wirkt. Wichtig sind jeweils auch die Schattenseiten des Archetypen, die sowohl aktiv wirken können, wie auch passiv. Die aktive Schattenseite des Liebhabers ist die Sucht: unerfüllte Bedürfnisse werden auf einen Ersatz gerichtet, und das macht nie satt. Man braucht immer mehr – egal, ob es Arbeit, Süssigkeiten, Alkohol, Drogen oder Sex ist. Die passive Schattenseite führt das verletzte Kind in die Resignation – es interessiert sich ja ohnehin niemand für mich. Ich bin nichts wert. Und wie gesagt, das wird nicht im Gespräch intellektuell bearbeitet, sondern in körperbetonten Übungen und angefeuert durch die Schwitzhütte gefühlt. Da wird ganz schön Dreck aufgewühlt. Indem wir das Erlebte in einem Mandala zeichnen, lassen wir das Unbewusste sprechen. Die Spiegelung durch die Männerrunde führt jeweils zu weiterer vertiefter Erkenntnis.

Das dritte Wochenende war dem Magier und der Jugend gewidmet. Hier spürten wir der Trauer nach, die durch Enttäuschungen und Verletzungen entstanden ist. Der abwesende oder schwache Vater war ein Thema bei ganz vielen Männern – auch bei mir. Der Magier geht den Dingen auf den Grund, er kann viel und er weiss viel. In der positiven Ausprägung lässt er Dinge und Wunder geschehen. Er ist der „Zauberer“, der Macher. Er kann heilen und verfügt über Intuition. In seiner Schattenausprägung kann er ein Betrüger und Lügner sein, in der passiven Ausprägung steht die Depression. In der Jugend heisst es, Abschied nehmen von der Kindheit. Die selbstverständlichen Bande und Verbindungen zur Mutter werden gelöst (bzw. sollten jetzt gelöst werden). Und da wird der Vater für den Jungen besonders wichtig. Und wo war der Vater in dieser Zeit? Wo war ich als Vater für meine Kinder in jener Zeit? Auch hier fühlten wir Enttäuschungen und fehlende Zuneigung und fehlendes Interesse an uns. Von der Aschewanderung ging es direkt in die Schwitzhütte, was im ermüdeten Zustand noch wirksamer war.

Das vierte Wochenende war dem König gewidmet und wiederum dem Vater. Apropos: Väter, ihr wisst schon, wie wichtig ihr für eure Kinder seid? Und zwar in der väterlichen Kraft, nicht als stellvertretende Mutter (vergleiche dazu den Artikel im Tagesanzeiger „Väter, macht endlich euer Ding!„). Aber um das zu leben, muss Mann vermutlich zuerst auch den Krieger verinnerlicht haben… Das ist jedenfalls ein Punkt, an dem ich schmerzlich fühlte, dass ich heute ein anderer Vater sein könnte. Damals habe ich mein Bestes gegeben – aber das war leider weniger als das, was ich heute geben könnte. Zurück zum König: die Königsenergie wirkte schon Wochen im Voraus bei mir. Der König ist weise und gütig. Er wirkt im Sinne des Grossen und Ganzen und schafft eine natürliche Ordnung. Er sorgt gut für sein Volk, schenkt Vertrauen. In der Schattenausprägung wird er zum Tyrann und neigt zu Selbstherrlichkeit. Den König habe ich sehr schön in meiner beruflichen Tätigkeit gespürt. Wir haben gerade in einem partizipativen Prozess eine neue Strategie für unserer Bibliothek entwickelt, was Ergebnis von Magier- und Königsenergie war. In dieser Rolle fühle ich mich sehr wohl, und ich erfahre viel Zustimmung.

Und letztes Wochenende war nun der Krieger dran. Ich hatte ziemlichen Respekt vor diesem Archetyp, weil ich weiss, dass ich da am meisten Nachholbedarf habe. Der Krieger ist vielseitiger, als ich gedacht habe. Er ist eher der Samurai, der Krieger, der einem höheren Ideal dient. Er sorgt auch für Schutz und er setzt Grenzen. Dies macht er ohne Emotionen und im Dienste des Ideals. Ja, an diesem Wochenende ging die Post ab. Wir haben unsere Grenzen erfahren und gelernt, unsere Grenzen zu setzen. Wir haben unsere Kraft gespürt und dass wir sie gezielt und liebevoll einsetzen können. Dieser Aspekt war ziemlich überraschend, besonders für die ausgeprägten Kriegertypen in unserer Gruppe. Und wir lernten, dass es wichtig ist, Grenzen zu setzen. Wenn wir es nicht tun, verletzen wir uns selbst oder laden andere ein, uns zu verletzen. Und dabei ist es wichtig, dass diese Grenzen nicht gegen jemanden gesetzt werden, sondern für uns. Ich denke, das muss man erlebt haben, um es zu verstehen! Die Schattenausprägung führt zum Sadisten (aktiv) oder Masochisten (passiv), wobei auch noch die Selbstverletzung durch Burnout in diese Kategorie gehört. Hier hat man seine eigenen Grenzen nicht respektiert. Das dürfte dem einen oder anderen bekannt vorkommen.

Stefan hat uns am Kriegerwochenende noch auf den Weg gegeben, dass es wichtig ist, sich regelmässig, sprich täglich mit unseren inneren Kräften und unserem Bewusstsein zu befassen. Er nennt dies Exerzitien (vgl. Wikipedia), meint es aber etwas weltlicher: Wir sollten uns eine Praxis und ein Ritual entwickeln, um täglich in uns zu gehen. Und ein Ritual entsteht am einfachsten, wenn man einen festen Ort und eine feste Zeit hat. Also wenn man zum Beispiel eine Ecke einrichtet mit stimmigen Symbolen und jeden Morgen 15 Minuten früher aufsteht, um in dieser Ecke zu meditieren. Ich habe mir vorgenommen und heute damit begonnen, mich jeweils mit den vier Archetypen zu verbinden, ihre Energie in mir zu spüren und eine kurze Herzmeditation zu machen. Damit ich im Alltag die jeweils benötigte Kraft abrufen kann. Und also bei Bedarf den Krieger wecken kann.

Habe ich schon gesagt, dass ich die Manngeburt JEDEM von ganzem Herzen empfehlen kann? Und habe ich schon gesagt, dass man sich noch für die Manngeburt 2019 anmelden kann? Habe ich schon? Aha! Und hast du dich schon angemeldet? Bei mir geht es weiter in zwei Monaten mit dem Liebhaber II  und dem Thema Sexualität. Und dann geht es im Oktober in die Visionssuche. Aber ich fühle, dass es ohnehin weiterarbeitet. Da kommen Dinge in Bewegung… und ich freue mich auf alles, was da noch kommt. Leben pur!

2 Gedanken zu “Kraft der Archetypen

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